Schachmatt

Egal, wie viel und was wir lesen, es beeinflusst uns. Egal, wen wir treffen, er bildet unseren Charakter.

„Mit 18 Jahren muss man wissen, was man will.“ Der Mann, der mir das in einem Vorstellungsgespräch erklärte, hatte mit 18 genau gewusst, was er wollte – und so lange darauf hingearbeitet, bis er es zehn Jahre später erreicht hatte. Das war vor eineinhalb Dekaden.

Ich möchte auch gern auf etwas hinarbeiten, allerdings fehlt mir etwas entscheidendes:
Das Ziel.
Meine größte Stärke und gleichzeitig meine größte Schwäche ist meine Begeisterungsfähigkeit. Ich lerne gern, bin neugierig, interessiert. Fokussiert? Tendentiell, nicht absolut. Es gibt nichts, das mir am meisten Spaß macht.

Ist das falsch? Nein. Nur wenig hilfreich für das Erreichen eines Ziels. Mein Ziel war bisher immer, etwas zu finden, das mir Spaß macht. Durch Zufall habe ich Spaß in der PR-Arbeit gefunden. Dann aber ermutigte mich eine Freundin, mich bei einem großen Unternehmen zu bewerben. Ich beschäftigte mich mit dieser Firma, bewarb mich und wurde zum Kennenlernen eingeladen, obwohl die ausgeschriebene Stelle bereits vergeben war. Wenige Monate darauf wurde ich erneut eingeladen, weil eine weitere Stelle vakant war. Ich freute mich riesig! Ich malte mir Chancen aus, da ich immerhin ohne erneute Bewerbung eingeladen worden war und zwar vom Geschäftsführer persönlich. Im Gespräch mit dem Geschäftsführer und dem Bereichsleiter, den ich bereits kannte, stellte sich heraus, dass ich aufgrund der positiven Schilderung des Bereichsleiters nach meinem ersten Besuch ohne Rücksprache mit diesem eingeladen worden war und dass auch meine neuen Arbeitsproben laut des Bereichsleiters ungenügend waren. Die beiden Männer sprachen miteinander und mit mir darüber, was mit mir zu tun sei. Hieran freute mich besonders, dass der Geschäftsführer immer wieder einen Weg suchte, mich im Unternehmen unterzubringen. Alles abgeblockt vonseiten des Bereichsleiters: Potenzial ja, aber zu wenig Handwerkszeug, Leistung nicht zuverlässig abrufbar, das Unternehmen habe keine Zeit, mir etwas beizubringen. Und das, obwohl der Geschäftsführer genau das vorgeschlagen hatte: Mir das, was gesucht wird, in ihrem Haus beibringen.
Alles in allem verließ ich das Haus erneut mit gemischten Gefühlen: Einerseits traurig und frustriert über die wenig ergiebige Kritik, andererseits froh über das ehrliche Gespräch mit zwei in ihrem jeweiligen Bereich sehr erfolgreichen Männern. Und froh darüber, dass ich – offenbar auch mit fachlichen Defiziten – einen derart positiven Eindruck hinterlassen hatte.

Schachmatt

Auf dem Heimweg drehten sich meine Gedanken immer wieder um das Gespräch.
Ich fühlte mich schachmatt gesetzt: Unfähig, mich in eine Richtung zu bewegen und chancenlos. Dabei sei ich mit meinen 25 noch so jung, wird mir oft gesagt. So jung fühle ich mich gar nicht. Unerfahren, naiv, ja. Jung, nein. Eher so, als hätte ich schon alle Möglichkeiten verpasst. Dabei stimmt das gewiss nicht.
Was ich aus dieser Erfahrung mitnehme ist, dass ich einen starken positiven Eindruck machen kann und in mir Potenzial gesehen wird.

Und nun? Gute Frage. Weiterhin schreiben, Kritik annehmen, besser werden. Weiterhin aufgeschlossen durchs Leben gehen und begeisterungsfähig bleiben.

Bis auf Weiteres: Vielen Dank für die Aufmerksamkeit!

Ein Kommentar zu “Schachmatt

  1. Liebe Julia,

    lass‘ Dich bloß nicht entmutigen! Ich frage mich, was das für eine Aktion war? Wie kann man nur jemanden ohne Rücksprache einladen? Und dann auch noch so eine seltsame Aktion vor einer Bewerberin abziehen? Was macht denn das für einen Eindruck? Gut, dass Du Deinen potenziellen Chef so kennen gelernt hast. Ich habe dazu mal einen Blogbeitrag geschrieben („Sucht Euch gute Chefs!“).
    http://www.fwco.de/2012/03/26/sucht-euch-gute-chefs/
    Die Unternehmen, die nicht endlich kapieren, dass man Talente und nicht Kompetenzen einstellen muss, werden zukünftig ganz schön Probleme bekommen.

    Und vor allem: Versuch mal, Deine Vielbegabung („Scanner-Persönlichkeit“?) als Talent zu nehmen. Ich habe auch lange dafür gebraucht, das für mich anzunehmen. Ich kann furchtbar schlecht fokussieren, weil mich einfach ALLES interessiert. Aber ich habe das zu meiner Stärke gemacht und verstehe mich nun als Tausendsassa:-),

    Liebe Grüße
    Frank

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