Wohlgewählte Worte, mannigfaltige Missverständnisse
Wir sagen selten das, was wir meinen. Und damit meine ich nicht nur die Halbwahrheiten, die wir anderen und uns selbst auftischen, um uns um unangenehme Tatsachen herumzuschlängeln. Ich meine auch die Missverständnisse, die sekundenschnell auf dem Nährboden der Mehrdeutigkeit wuchern. Zenit ist nur ein Beispiel unter vielen.
Ähnlich verhält es sich mit Generalisierungen wie immer, nie, alles, nichts, die vielfach die gefühlte Wahrheit des Senders ausdrücken, vom angesprochenen Gegenüber aber vielleicht auf die Goldwaage gelegt und zerpflückt werden. Schnell können – nicht müssen – Generalisierungen eine Diskussion vom eigentlichen Ziel ablenken und in ein Gefecht ums Recht-Haben führen.
Kommunikation – ein Wörterbuch mit sieben Siegeln?
Das könnte man glatt meinen, wenn man an die letzten Streits denkt, die aufgrund von falsch verstandenen Textnachrichten entstanden sind. „Deshalb schicke ich lieber Sprachnachrichten, die werden nicht missverstanden“, erklärte mir neulich ein Freund. Das liegt bestimmt daran, dass du in der Sprachnachricht ausschmückst und Dinge sagst, die du nicht schreiben würdest, schoss es mir durch den Kopf. Die Besserwisserin in mir wollte so gerne erläutern, weshalb Textnachrichten auch gut funktionieren können und in meinen Augen gesprochenen Nachrichten sogar oftmals vorzuziehen sind. Aber ich ließ es gut sein, schwieg und lächelte. Denn ich glaubte, verstanden zu haben, was er meinte. Und das war mir in diesem Moment genug.
Verschenkte Chance (Selbst-)Darstellung
Ich ließ es gut sein und schwieg, weil ich übe. Ich übe, besser zuzuhören. Dazu gehört für mich, wohlwollend auf das einzugehen, was mein Gesprächspartner vermutlich meint, anstatt jede Unstimmigkeit aufzulesen, auszubreiten und haarklein zu erläutern.
Wenn wir richtig zuhören, das heißt aufmerksam lauschen und wohlwollend auf den Sinn achten, anstatt lediglich den richtigen Moment für unsere nächste Geschichte abzupassen, dann erfahren wir so viel mehr. Wir erhaschen einen Einblick in das Denken und Fühlen unseres Gegenübers, nehmen Nuancen in Stimme und Satzmelodie, in Mimik und Gestik, in Haltung und Blickrichtung wahr, die uns mehr verraten können, als der Inhalt der gesprochenen Sätze.
Dialog, Diskussion, Eskalation?
Den Mut aufbringen, Gefühle auszudrücken, den eigenen Standpunkt deutlich machen, die richtigen Worte wählen, den Meinungen anderer gegenüber aufgeschlossen bleiben und am besten wertschätzend kommunizieren – das alles auf einmal zu schaffen ist ein Drahtseilakt. Manchmal verlagert sich unser Schwerpunkt. Wie können wir das Gleichgewicht bewahren?
Strich drunter
Schlussendlich geht es doch bei jedem Gespräch ums Verstehen und Verstanden-werden. Vielleicht ist es ja hilfreich, wenn wir wohlwollend eingestellt sind. Uns selbst und unserem Gesprächspartner gegenüber. Und wenn wir hin und wieder innehalten und aufmerksam lauschen, können wir nicht nur unsere Mitmenschen besser verstehen, sondern vielleicht auch uns selbst.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.