Rauchzeichen

Was haben Leuchttürme, Rauchzeichen und Graffiti gemeinsam? Sie transportieren Informationen. Dabei bleibt unklar, ob die, für die sie gedacht sind, sie sehen, wer sie außerdem noch sieht und wie diejenigen, die sie sehen, sie deuten. Die Liste der (potenziell eindirektionalen) Kommunikationsmittel lässt sich beliebig erweitern um Plakate, Zeichnungen, Geschenke, Blogs, den Whatsappstatus, eine Instagram-Story und vieles mehr.

Information vs. Interaktion

Eine Information, beispielsweise ein Foto, zur Verfügung zu stellen, ist eine Kontaktaufnahme. Dieses Foto anzusehen kann eine Kontaktaufnahme sein. Wir haben heute mehr Möglichkeiten denn je, digital zu kommunizieren und unsere Informationen ins Orbit zu schießen. Ob und wo sie ankommen, darauf haben wir nur begrenzt Einfluss. Wie bei jeder Form von Kommunikation greift auch hier der Grundsatz Man kann nicht nicht kommunizieren. Es geht um sehen und gesehen werden. Zeige ich mich, offenbare ich einen Teil meines Ichs und habe ein Interesse daran, gesehen zu werden. Schaue ich hin, habe ich ein Interesse daran, das Dargebotene zu sehen. Schau ich nicht hin, kann das Absicht sein und Ablehnung bedeuten, es kann aber auch Zufall sein, weil ich zum entsprechenden Moment keinen Zugang zu der bereitgestellten Information habe. Um sicherzustellen, dass eine Information korrekt verstanden wird, braucht es Interaktion zwischen Sender und Empfänger. Alles andere ist Spektulation.

Die Sache hat Haken

Im Fall von Textnachrichten gibt es gleich mehrere verschiedenfarbige Haken, die in letzter Instanz sogar anzeigen können, wenn die Nachricht vom Empfänger geöffnet wurde. An und für sich sind Empfangsbestätigungen ja eine feine Sache. Aber spätestens seit man diese im Fall von E-Mails ablehnen oder im Fall von Chatprogrammen deaktivieren kann, ist die Ungewissheit, wer wann was gesehen hat, perfekt.

Fluch und Segen

Dieses Zeigen und Schauen ist eine sehr subtile Art der Kommunikation. Im Grunde ist es ein bisschen wie Blickkontakt. Das erste Mal kann Zufall sein, das zweite Mal ein Test und das dritte Mal Bestätigung. Wenn wir bewusst Blickkontakt aufbauen und halten, wollen wir etwas damit ausdrücken. Das kann Annäherung sein: Ich finde dich interessant und käme dir gerne näher, Skepsis: Ich kann dich nicht einschätzen und misstraue dir, weshalb ich dich kontrolliere, oder Ablehnung: Ich kann dich nicht leiden und will, dass du verschwindest. Bei Blickkontakt verraten unsere Mimik und unsere Körperhaltung in der Regel unwillkürlich und recht deutlich, ob wir einer Person zugetan oder abgeneigt sind. Viele kleine Details wie Häufigkeit und Dauer der Blicke, aber auch der Gesichtsausdruck wie Lächeln, Gesten wie ins Haar fassen oder die Haltung des Oberkörpers sind wie viele Mosaiksteinchen, die, alle zusammengenommen, ein detailliertes Bild ergeben und eine eindeutige Nachricht übermitteln können.

Digitales Zeigen und Schauen hingegen ist wie 0 oder 1. Dieses Kommunikationskonzept kann eindeutig sein, sofern Sender und Empfänger klar miteinander vereinbart haben, was es zu heißen hat. Ist das nicht der Fall, lässt dieses minimalistische Konzept überraschend viel Interpretationsspielraum zu, siehe oben: Absicht oder Zufall.

Schlupflochdilemma

Zeigen und Schauen kann der Blick durch das Schlüsselloch einer geschlossenen Tür sein, der Strohhalm, durch den wir unter Wasser atmen, ein Schlupfloch in einer undurchdringlich scheinenden Wand der Funkstille. Durch diese winzige Öffnung können Einflüsse von außen in unseren abgegrenzten Raum hinein- und von innen hinausdiffundieren. Sie bietet uns einen Kommunikationskanal, durch den wir etwas erhaschen, wonach wir uns sehnen und das uns eigentlich versagt bleibt. Uns allein obliegt, ob wir dieses Schlupfloch nutzen wollen.

Wir entscheiden, ob wir etwas senden. Wir entscheiden, ob wir etwas anschauen. Wir entscheiden, ob wir prüfen, ob jemand etwas gesendet hat. Wir entscheiden, ob wir prüfen, ob jemand etwas angeschaut hat. Wir entscheiden, ob wir von mittelbarem Kontakt, sprich: Zeigen und Schauen, zu unmittelbarem Kontakt, sprich: Textnachrichten oder Anrufe, wechseln. Wir entscheiden, ob wir einen Code vereinbaren, um persönliche Nachrichten vor den Augen aller verstecken zu können. Wir entscheiden, ob wir uns offenbaren und dabei das Risiko eingehen, Ablehnung zu erfahren. Letztlich ist es wie bei allem: Wir entscheiden.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Schrödingers Rubbellos

Wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

Das gilt unter anderem fürs Glücksspiel, lässt sich aber auch auf andere Lebensbereiche übertragen. Wenn wir einen sich bietenden Moment nicht nutzen, werden wir nie sagen können, ob es der richtige Zeitpunkt war. Wir können höchstens spekulieren, ob es der richtige hätte sein können. Die Reue über nicht genutzte Chancen ist, wenn wir ehrlich sind, oftmals schlimmer als eine unangenehme Erfahrung.

Kekse, Pennys und Schrödingers Katze

Zück‘ deinen Glückspfennig und rubbel das Los des Lebens frei! steht so oder so ähnlich vielleicht auch in einem Glückskeks oder auf einer dieser inspirierenden Postkarten, die nie verschickt, sondern bestenfalls verschenkt werden. Und für geschenkte Ratschläge kann man sich bekanntlich nichts kaufen. Aber das ist ein anderes Thema. Ich mag ja Glückskekse: Kurze Nachricht, viel Interpretationsspielraum, kleine Nascherei. Wenn man sich einen Glückskeks aussucht, kauft man irgendwie auch die Katze im Sack. Zwar ist der Sack hier die Verpackung und die Katze ein Keks und kein Hase, aber ihr versteht schon, was ich meine.

Wer die Wahl hat, hat die Qual

Eine Auswahl zu haben wirkt im ersten Moment reizvoll. Eine zu große Auswahl kann dazu führen, dass wir keine Auswahl treffen, weil wir überfordert von der Fülle an Möglichkeiten sind. Dabei ist dieses Paradoxon doch der worst case. Wie können wir es schaffen, eine Entscheidung zu treffen? Wir können Kriterien festlegen, anhand deren wir die verschiedenen Auswahlmöglichkeiten gegeneinander abwägen. Aber welche Kriterien sind möglich, sinnvoll, zielführend, fair? Und schon öffnet sich ein Fass ohne Boden. Wo ziehen wir die Grenze? Wie viele Kriterien benötigen wir, um eine Entscheidung zu fällen, eine Auswahl zu treffen?

No risk, no chance, no fun?

Bis wir uns entscheiden, stehen uns alle Optionen offen. Aber was nützt uns das, wenn wir am Ende keine auswählen? Ein bisschen wie Achterbahnfahrtenfreifahrten, die wir nicht einlösen. Ich mag ja Achterbahnen: Ein bisschen frischer Wind, ein paar Perspektivwechsel, eine Portion Hormone und ordentlich Herzklopfen. Im echten Leben sind das wundervolle Momente, die wir unter Umständen nie erleben. Selbst wenn nicht immer alles glatt läuft, sind wir doch immerhin um eine Erfahrung reicher. Wir sind über uns hinausgewachsen, als wir uns getraut haben. Im besten Fall genießen wir neue Eindrücke, im zweitbesten Fall haben wir etwas dazugelernt und im schlimmsten Fall macht es uns stärker.

Schlussendlich liegt die Entscheidung bei uns. Die Entscheidung, wie viele und welche Kriterien wir berücksichtigen, wie wir sie im Verhältnis zueinander gewichten und was wir bei Gleichstand tun. Am Ende stellen wir uns immer die Frage: War es das wert?
Die Antwort ist immer dieselbe: Wir müssen es riskieren, wenn wir es herausfinden wollen.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Gefühlte Wahrheit

Wohlgewählte Worte, mannigfaltige Missverständnisse

Wir sagen selten das, was wir meinen. Und damit meine ich nicht nur die Halbwahrheiten, die wir anderen und uns selbst auftischen, um uns um unangenehme Tatsachen herumzuschlängeln. Ich meine auch die Missverständnisse, die sekundenschnell auf dem Nährboden der Mehrdeutigkeit wuchern. Zenit ist nur ein Beispiel unter vielen.

Ähnlich verhält es sich mit Generalisierungen wie immer, nie, alles, nichts, die vielfach die gefühlte Wahrheit des Senders ausdrücken, vom angesprochenen Gegenüber aber vielleicht auf die Goldwaage gelegt und zerpflückt werden. Schnell können – nicht müssen – Generalisierungen eine Diskussion vom eigentlichen Ziel ablenken und in ein Gefecht ums Recht-Haben führen.

Kommunikation – ein Wörterbuch mit sieben Siegeln?

Das könnte man glatt meinen, wenn man an die letzten Streits denkt, die aufgrund von falsch verstandenen Textnachrichten entstanden sind. „Deshalb schicke ich lieber Sprachnachrichten, die werden nicht missverstanden“, erklärte mir neulich ein Freund. Das liegt bestimmt daran, dass du in der Sprachnachricht ausschmückst und Dinge sagst, die du nicht schreiben würdest, schoss es mir durch den Kopf. Die Besserwisserin in mir wollte so gerne erläutern, weshalb Textnachrichten auch gut funktionieren können und in meinen Augen gesprochenen Nachrichten sogar oftmals vorzuziehen sind. Aber ich ließ es gut sein, schwieg und lächelte. Denn ich glaubte, verstanden zu haben, was er meinte. Und das war mir in diesem Moment genug.

Verschenkte Chance (Selbst-)Darstellung

Ich ließ es gut sein und schwieg, weil ich übe. Ich übe, besser zuzuhören. Dazu gehört für mich, wohlwollend auf das einzugehen, was mein Gesprächspartner vermutlich meint, anstatt jede Unstimmigkeit aufzulesen, auszubreiten und haarklein zu erläutern.

Wenn wir richtig zuhören, das heißt aufmerksam lauschen und wohlwollend auf den Sinn achten, anstatt lediglich den richtigen Moment für unsere nächste Geschichte abzupassen, dann erfahren wir so viel mehr. Wir erhaschen einen Einblick in das Denken und Fühlen unseres Gegenübers, nehmen Nuancen in Stimme und Satzmelodie, in Mimik und Gestik, in Haltung und Blickrichtung wahr, die uns mehr verraten können, als der Inhalt der gesprochenen Sätze.

Dialog, Diskussion, Eskalation?

Den Mut aufbringen, Gefühle auszudrücken, den eigenen Standpunkt deutlich machen, die richtigen Worte wählen, den Meinungen anderer gegenüber aufgeschlossen bleiben und am besten wertschätzend kommunizieren – das alles auf einmal zu schaffen ist ein Drahtseilakt. Manchmal verlagert sich unser Schwerpunkt. Wie können wir das Gleichgewicht bewahren?

Strich drunter

Schlussendlich geht es doch bei jedem Gespräch ums Verstehen und Verstanden-werden. Vielleicht ist es ja hilfreich, wenn wir wohlwollend eingestellt sind. Uns selbst und unserem Gesprächspartner gegenüber. Und wenn wir hin und wieder innehalten und aufmerksam lauschen, können wir nicht nur unsere Mitmenschen besser verstehen, sondern vielleicht auch uns selbst.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Brückentag

Ein Mehrzwecktag voller Möglichkeiten

Laut Duden hat der Brückentag die Bedeutung „zwischen zwei arbeitsfreien Tagen, etwa einem Feiertag und dem Wochenende, liegender einzelner Arbeitstag, der sich besonders als Urlaubstag anbietet“. Dabei bietet sich ein Brückentag auch an, um auf der Arbeit Liegengebliebenes abzuarbeiten, die Ablage zu sortieren und Gedanken nachzuhängen.

Allein ≠ einsam

Der Brückentag hat einerseits diese Einsamkeit im Schlepptau, die sich angesichts der leeren Flure, der geschlossenen Bürotüren und der Abwesenheitsnotizen in automatischen Antwort-E-Mails wie Verlassen-worden-sein anfühlen kann. Andererseits bringt er eine Ruhe mit, die genau so gut ein angenehmes Alleinsein anbietet. Diese Ruhe eröffnet einen unerwarteten Raum für Gedanken und Gefühle, in dem wir unsere Bedürfnisse besser spüren können und in dem die Phantasie ihre Flügel ausbreiten kann. Vielleicht können wir ein bisschen von diesem magischen Raum, der sich am Brückentag zeigt, hinüber in die nächste Woche oder sogar in unseren Arbeitsalltag retten.

Lückenfüller? Lichtblick!

Einige (gefühlt: alle) Kolleginnen und Kollegen sind im Frei. Die Begegnungen mit denjenigen, die man am Brückentag trifft, sind dafür oftmals persönlicher und umso schöner.

Für mich verbindet der Brückentag das Zurückliegende und das Zukünftige, das Materialisierte und das Mögliche, gestern mit morgen – oder genauer gesagt: vorgestern mit überübermorgen. Ich genieße den Brückentag und freue ich mich auf den nächsten Montag. Und wenn man gerne zur Arbeit geht, ist das doch auch etwas wert.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Der feine Unterschied

Einmal vom Plateau über die Klimax zum Zenit und zurück.

Der Duden definiert

  • das Plateau als „Hochebene“ und „obere ebene Fläche eines Berges“
  • die Klimax als „Übergang vom schwächeren zum stärkeren Ausdruck, vom weniger Wichtigen zum Wichtigeren“
  • den Zenit als „Scheitelpunkt“ und als „[Zeit]punkt der höchsten Entfaltung, Wirkung; Höhepunkt“

Wenn wir ein Hochgefühl in Worte kleiden wollen, haben wir mannigfaltige Möglichkeiten. Was wir sagen, was wir meinen und was unser Gegenüber versteht, kann dabei auf unterschiedlichen Blättern stehen. Während der eine beim Zenit vor allem den höchsten Punkt im Blick hat und den Begriff positiv verwendet, sieht der andere vielleicht eher den unvermeidlichen Abfall danach, weswegen dieses Wort für ihn eher negativ schwingt.

Ein schmaler Grat

Naturgemäß sind wir immer auf der Suche nach der Steigerung unseres Vergnügens, nach dem nächsten Höhepunkt. Wir erklimmen ein Plateau, schlagen dort unsere neue Basis auf und wollen, der Klimax folgend, immer noch höher hinaus. Dabei ist dieser Weg aufwärts keine Einbahnstraße. Dass wir am höchsten Punkt, dem Zenit, angelangt sind, wissen wir erst, wenn es wieder abwärts geht.

Bleiben wir gedanklich beim Zenit, begeben uns aber metaphorisch von den Bergen ans Meer. Die Welle der Entzückung hinterlässt nach ihrer Brandung einen Sog, der uns womöglich den Boden unter unseren Füßen raubt und umwirft.

Wenn wir uns in Gedanken auf diesen Sog vorbereiten und nicht von der Welle mittragen lassen, können wir uns wappnen und womöglich unseren festen Stand behaupten. Allerdings können wir dann das schöne Hochgefühl der Welle nicht genießen. Chance und Risiko gehen Hand in Hand. Wir können die Chance auf einen Höhenflug nur dann wahrnehmen, wenn wir den Boden unter unseren Füßen verlieren und damit auch das Risiko (nicht die Gewissheit!) eingehen, unsanft zu landen. Es obliegt also unserer Haltung, unserer Einstellung, unserer Entscheidung, das mögliche Hochgefühl zugunsten eines Kontrollversuchs über eventuell eintretende negative Entwicklungen und dem Beharren auf vermeintlicher Sicherheit zu opfern. Anders gesagt: Wenn wir während einer positiven Situation ohne gegebene Notwendigkeit an mögliche zukünftige negative Entwicklungen denken, verwirken wir ein schönes Jetzt.

Perfekte Welle

Idealerweise gleicht unser Leben einer gleichmäßigen Sinusfunktion aus genau dem richtigen Maß an Abwechslung, Routine, Zerstreuung, Ruhe, Nervenkitzel und Entspannung. Tatsächlich aber variiert die Amplitude unserer Lebenslinie in ihrer Höhe und Ausdehnung unvorhersehbar. Selbst wenn wir eine Entwicklung wie eine Welle auf uns zurollen sehen, können wir ihr tatsächliches Ausmaß und wann sie bricht nicht mit Gewissheit vorhersagen. Mithilfe von Vermutungen versuchen wir, Vorhersagen zu treffen und (Planungs-)Sicherheit zu schaffen. Ich für meinen Teil bin gerne gut, aber am liebsten perfekt vorbereitet und für jede Eventualität gerüstet. Ungewissheit piekst mich, Kontrollverlust schmerzt mich. Vielleicht hilft es, meine Vorstellung von perfekt zugunsten von gut einzutauschen, ideal loszulassen und mich dafür auf optimal einzulassen.

Der Duden versteht unter optimal „(unter den gegebenen Voraussetzungen, im Hinblick auf ein zu erreichendes Ziel) bestmöglich; so günstig wie nur möglich“, kurz gesagt: das Beste im Rahmen des Möglichen.
Das kann manchmal vielleicht auch ganz schön wenig sein.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.